Neapel, das mehrheitlich als Durchgangsstation zu Ischia, Capri, Sorrent oder die berühmte Amalfi-Küste genutzt wird und in der unmittelbaren Umgebung Attraktionen wie den Vesuv, Pompei oder Paestum zu bieten hat, ist durchaus auch alleine einen Kurztrip wert. Weniger überlaufen als Rom und weniger herausgeputzt als Florenz bietet es dem Besucher durch und durch authentisches italienisches Dolce Vita vor grossartiger Kulisse. Alles, was es zur idealen Vorbereitung braucht, habe ich in "Ein perfektes Wochenende in Neapel", herausgegeben von der Süddeutschen Zeitung in der Reihe "Smart Travelling", nachgelesen. Getreu dem Motto "Einmal im Leben alles richtig machen" probiere ich den etwas anderen Reiseführer in knapp vier Tagen fast komplett durch - und bin total begeistert, wie sich ein Kurztrip ohne zeitaufwendige Recherchen im Vorfeld über so einen kurzen Zeitraum optimieren lässt. Leicht amüsiert erinnere ich mich an die unzähligen eingeschworenen Napolitaner rund um den Globus, die mir immer und immer wieder versichert haben, der Espresso in Neapel sei der beste der Welt, der in Rom bestenfalls Durchschnitt. Verwöhnt von einem bereits überdurchschnittlich guten Kaffeearoma in der Schweiz steigert sich der Geschmack tatsächlich über Mailand und Rom bis nach Neapel. Ich kann es kaum glauben aber es ist nicht gelogen: der Kaffee in Neapel schmeckt noch besser als der in Rom.
Das Hotel San Franceso al Monte ist das Ergebnis eines Projektes zur Instandsetzung und Umwandlung des alten Klosters Santa Lucia al Monte aus dem 16. Jahrhundert, das unter Anleitung des Architekten Luciano Raffin entstanden ist. Es verfügt über einen Panoramablick auf den Golf von Neapel, garantiert einen unvergesslichen Aufenthalt und eine neue Perspektive auf Neapel. Die Atmosphäre in dem von Franziskanermönchen gegründeten Konvent ist einzigartig: die massiven Mauern, die kleinen Fenster und die langen schmalen Gänge flössen Ehrfurcht ein und lassen erahnen, wie hier früher gelebt wurde. In keinen Moment wäre ich überrascht gewesen, einem noch praktizierenden Mönch über den Weg zu laufen. In diesem Hotel stimmt einfach alles.
Corso Vittorio Emanuele, 328 80135 Naples, Tel. (+39) 081 423 91 11, info@hotelsanfrancesco.it
Eine tolle, etwas preiswertere und zentraler gelegene Alternative zum Hotel San Francesco al Monte ist das neu umgebaute 3*** Hotel an der Piazza Bellini. Hier wurden mehrere Stadthäuser mit Übergängen zusammengebaut und ein chilliger Innenhof voller Ästhetik und Gemütlichkeit geschaffen. Die Zimmer sind klimatisiert, und das Hotel ist inmitten des Centro Storico gelegen, nur 5 Gehminuten zur Piazza Dante oder der Via Tribunali entfernt. Es liegt inmitten des aufstrebenden, künstlerischen Viertels des Musik Konservatoriums und der Akademie der Künste und ist zum Inn-Platz der jungen gebildeten Akademiker avanciert. Die Bars und Restaurants sind trendy und etwas teurer als die weiter südlich gelegenen Lokalitäten im Centro Storico und am Wochenende der Hotspot vorwiegend gebildeter Jugendlichen und Studenten. Das Hotel organisiert Taxis zu Festpreisen, die günstiger sind, als wenn man direkt am Flughafen in das erstbeste Taxi einsteigt, und wenn man seinen Aufenthalt direkt über die Hotelseite bucht, erhält man als Willkommensgeschenk hochwertige Pasta zum Mitnehmen und 2 Willkommensgetränke. Eine Win-Win Situation für alle.
Via S.M. di Costantinopoli 101, 80138 Napoli, Tel. +39 081 451732, info@hotelpiazzabellini.com
Pizza - nicht leicht, alle unter einen Hut zu bringen. Der erste obligatorische Besuch einer Pizzeria führt uns ins Sorbillo. Mit hohen Erwartungen geben wir unsere Bestellung in dem bis auf den letzten Platz besetzten Restaurant auf - schliesslich soll die Pizza hier eine der Besten sein, die Napoli zu bieten hat, und noch besser schmecken als die des berühmten "Da Michele", versichert uns der nette Taxifahrer, den wir auch die Tage drauf immer wieder in Anspruch nehmen. Tatsächlich sieht die Pizza wahnsinnig lecker aus, wie aus dem Bilderbuch, doch auf den ersten Biss folgt recht schnell die Ernüchterung: viel zu weich, keine Kruste, und - nun ja so làlà. Nicht schlecht, aber mich haut sie alles andere als vom Hocker, ist doch die Pizza von La Montecarlo aus Rom bisher mein Massstab aller Pizzen. Ich merke schon den ersten Hauch schlechter Laune in mir hochsteigen und verfluche die Empfehlung, entspann mich aber wieder - schliesslich bin ich in den Ferien. Am nächsten Tag stelle ich den Taxifahrer höflich, aber bestimmt zur Rede. Ich gebe ihm diplomatisch zu verstehen, dass die krossen, knusprigen Ränder etwas gefehlt hätten, die ich aus anderen Regionen Italiens kannte: "non era una pizza ai bordi crocanti". Zu meiner Verwunderung bestätigt er mir, dass keine der Pizzen in Neapel knusprig ist, sondern alle einen weichen Boden haben. Was wiederum mit dem Wasser, der Erde, dem Vesuv und so weiter und so weiter zu tun hat. Etwas erleichtertert überprüfe ich seine Beteuerungen bei meinen darauffolgenden Neapel-Besuchen: es stimmte tatsächlich. Wer also einmal dünne, weiche Pizzen essen möchte, dem kann ich die nachfolgenden Pizzerien empfehlen, die sich untereinander in nichts nachstehen, wobei ich mittlerweile "Di Matteo" nicht mehr unbedingt empfehlen würde (Hinweis: der nette, sympathische Mann mit der weissen Kappe, der bei "Da Michele" abgebildet ist, ist keineswegs der Besitzer. Dieser sitzt schlecht gelaunt an der Kasse im Restaurant und kassiert).
Via dei Tribunali, 94, 80138 Napoli, Tel. (+39) 081 45 52 62, info@pizzeriadimatteo.com
Via Cesare Sersale, 1 / 3, 80139 Napoli, Tel. (+39) 081 55 39 204, info@damichele.net
Via Dei Tribunali, 38, 80121 Neapel, Tel. (+39) 081 44 66 43
Nachdem das Thema Pizza in Neapel ein für alle Mal gegessen ist, widme ich mich den verbleibenden Trattorien und Osterien und verweise an dieser Stelle auf das Buch und seine Tipps. Ein besonders gutes Preis-Leistungsverhältnis, typisch napoletanische Gerichte und eine gemütliche Atmosphäre hat die Taverna dell' Arte zu bieten. Ziemlich versteckt an einer Ecke in der Altstadt gelegen findet man sie nur, wenn man wirklich weiss, wo man ungefähr suchen muss. Google Maps ist dabei keine grosse Hilfe. Wer ein Restaurant am Hafen ausprobieren möchte ist mit "La Scialuppa" beim Castel dell' Ovo gut beraten. Dort kann man das lebhafte Treiben in südländischer Atmosphäre geniessen und relaxen. Die Spaghetti al mare und der Grappa sind genauso wie sie schmecken müssen. Oder die Osteria da Antonio in der Nähe vom Castel Nuovo, welche ebenfalls gegrillte Meeresfrüchte und weitere Leckereinen in ungezwungener Atmosphäre und preiswerter anbietet.
Rampe S. Giovanni Maggiore, 1/A - Trav. Via Mezzocannone, Tel: (+39) 081 55 27 558 (Sonntags geschlossen)
Piazzetta Marinari, 5, 80132 Napoli, Tel. (+39) 081 764 5333, ristorantelascialuppa@virgilio.it
Eine besondere Tomate, die es nur am Vesuv gibt, ist die sog. Piennolo Tomate. Sie ist ungefähr so gross wie eine Cocktail- oder Datteltomate, oval und läuft nach unten hin spitz zu. Die Tomaten haben einen leicht süsslichen Geschmack und sind abartig lecker. Wer das Glück hat, diese Tomaten an einem Strassenstand zu ergattern, sollte gleich einen ganzen Strang davon nehmen, denn die Tomaten sind über Monate hin haltbar wegen ihres geringen Wassergehalts und ihrer robusten Schale.
Impressionen
Wer nun noch das Gefühl hat, unbedingt eine Kirche oder ein Museum besuchen zu müssen, ist mit "Santa Chiara" mit ihrem wunderschönen Kreuzgang und Garten bestens bedient als auch mit dem Archäologischen Nationalmuseum, das in überschaubarer Grösse doch mit einigen Kuriositäten aufwarten kann. Das Teatro di San Carlo ist in jedem Fall ein absolutes Muss! Wer die Möglichkeit hat, eine Opernaufführung besuchen zu können, sollte dies unbedingt tun. Das Opernhaus in Neapel ist noch schöner und pompöser wie die Scala in Mailand. Ein absolutes Highlight stellt auch "Napoli Sotterranea" dar. Was nur die wenigstens wissen: Neapel ist fast komplett unterhöhlt. Über etwa 80 km erstreckt sich ein unterirdisches Labyrinth aus Höhlen, Zisternen und Brunnen. Es gibt mehrere Eingänge in verschiedenen Stadtteilen, der in der Altstadt befindet sich an der Piazza San Gaetano. Eine weitere Kuriosität ist der Friedhof Fontanelle, auf italienisch "Cimitero delle Fontanelle". Der Besuch ist kostenlos. Ach ja, und wer noch nach einem geeigneten Mitbringsel für daheim sucht und nebenbei vielleicht katholisch ist, der ist mit einer durch napoletanische Handarbeit selbst hergestellten Krippe getreu dem Motto "No China" auf der sicheren Seite, das originellste Geschenk ausgesucht zu haben…. Aber nun im Ernst: die Krippen dort sind einfach umwerfend, selbst, wenn man nicht streng katholisch erzogen wurde.
Der Cimitero delle Fontanelle ist ein alter Friedhof im Stadtteil Sanità. Er erstreckt sich über eine Fläche von etwa 3000 Quadratmetern und das Gesamtvolumen der Tuffsteinhöhlen, in denen er sich befindet, wird auf ca. 30.000 Kubikmeter geschätzt. Im Jahre 1654 wurde die Höhle der Via Fontanelle in den offiziellen Friedhof Fontanelle umgewandelt, als die Pest in Neapel ausbrach und 250.000 der 400.000 Einwohner dahinraffte. Aus Platzmangel wurde in der Höhle ein Massengrab angelegt und die Leichen dort gesammelt. An bestimmten Samstagen und Sonntagen werden Führungen auf dem Friedhof angeboten. Über die Agentur Insolitaguida kann man auch eine individuelle Führung vereinbaren, die dann vor dem Besuch des Friedhofs eine Stadtführung durch die Quartiere Vergini und Sanità beinhaltet und insgesamt ca. 2 Stunden dauert. Kontakt: info@insolitaguida.it
Das Viertel Sanità im Herzen Neapels hat eine Jugendarbeitslosigkeit von schätzungsweise 70%. Die Bewohner sehen den Staat in der Pflicht, gegen Drogenhandel, Schiessereien und Arbeitslosigkeit vorzugehen. Doch der Staat glänzt durch Abwesenheit. Neapel hat kein Geld, um benachteiligte Quartiere zu fördern", erklärt der für Stadtentwicklung zuständige Stadtrat Carmine Piscopo. Der Lokalpolitiker versucht, die düstere Stimmung mit einem Strassenkunst-Projekt aufzuhellen. An die Häuserfassade gegenüber der Basilica di Santa Maria della Sanità haben Künstler ein riesiges Wandbild gemalt. Rund um den Kirchplatz sollen weitere folgen. Private Organisationen wie die Kooperative La Paranza und das von Exil-Neapolitanern gegründete L'Altra Napoli in der Sanità leisten beeindruckende Arbeit. Sie haben unter anderem die antiken Katakomben im Viertel restauriert und junge Männer und Frauen zu Führern ausgebildet. 2015 haben fast 70 000 Touristen die unterirdischen Gräber besucht. "Es ist wichtig, dass die Ghetto-Mentalität aufgebrochen wird und Aussenstehende in das Viertel gelockt werden", erklärt Manuela Marani von L'Altra Napoli. Der Schriftsteller Roberto Saviano, dessen Buch "Gomorrha" in 50 Sprachen übersetzt und so zum Weltbestseller wurde, thematisiert in seinem neuen Buch "La paranza dei bambini" das Thema Kindergangs in Neapel.
Ausflüge